Botschaften des Körpers verstehen – Wenn Symptome mehr sagen als Worte

Was, wenn dein Körper mit dir spricht – und Symptome keine Störung sind, sondern eine Art Kommunikation?

Viele moderne Traumatherapie-Ansätze gehen genau davon aus. Ob in der Reverse Therapy von John Eaton, in der Somatic Experiencing Methode von Peter Levine oder in der Polyvagal-Theorie und der Arbeit von Babette Rothschild: Der Körper ist nicht dein Gegner – sondern dein Verbündeter.

Symptome wie Rückenschmerzen, Verspannungen, Magenbeschwerden, chronische Müdigkeit oder sogar Panikattacken sind oft nicht rein medizinisch erklärbar, sondern spiegeln innere Konflikte, unterdrückte Bedürfnisse oder nicht verarbeitete Erfahrungen.

"Der Körper flüstert, bevor er schreit."

Die Kunst liegt darin, die leisen Signale zu hören, bevor sie sich in lautere Symptome verwandeln müssen.

Was will mir mein Körper sagen?

Ein zentrales Prinzip vieler moderner Therapien lautet: „Was wir nicht fühlen oder ausdrücken, drückt sich irgendwann körperlich aus."

  • Verspannter Nacken: Möglicherweise zu viel Kontrolle, Verantwortung oder "den Kopf nicht frei"
  • Magenprobleme: Unverdaute Konflikte, überfordernde Situationen, "etwas schlägt mir auf den Magen"
  • Erschöpfung: Missachtung eigener Grenzen, Ignorieren tiefer Bedürfnisse nach Ruhe
  • Angstzustände: Oft gespeicherte Schutzreaktionen – der Körper hat gelernt, wachsam zu sein

Diese Signale sind keine Fehler. Sie sind Hinweise. Sie fordern uns auf, hinzuschauen. Ehrlich. Mutig. Mit Mitgefühl.

CFS/ME Symptome als Botschaften verstehen

Bei Erschöpfung nach minimaler Anstrengung (PEM):

"Mein Energiesystem ist erschöpft. Ich brauche tiefere Erholung, nicht nur oberflächliche Pausen."

Bei Brain Fog und Konzentrationsproblemen:

"Meine neuronalen Ressourcen sind ausgeschöpft. Ich kann jetzt keine komplexen Aufgaben verarbeiten."

Bei unruhigem, nicht-erholsamem Schlaf:

"Mein Nervensystem ist übererregt und kann nicht in die Regenerationsphase schalten."

Bei plötzlichen Verschlechterungen:

"Eine Grenze wurde überschritten. Ich muss früher auf subtilere Signale achten."

Der Körper vergisst nichts – und das ist auch gut so

Bessel van der Kolk beschreibt es so: „The Body Keeps the Score."Das bedeutet: Unser Körper speichert Erfahrungen – auch wenn unser Verstand sie längst verdrängt hat.

Besonders bei unverarbeiteten Traumata, lang anhaltendem Stress oder unterdrückten Emotionen kann es sein, dass der Körper Symptome entwickelt, um uns zum Innehalten zu bewegen.

Symptome sind dann wie eine innere Stimme: "Schau endlich hin."

Praxis: Mit dem Körper ins Gespräch kommen

Du brauchst kein medizinisches Wissen, um die Sprache deines Körpers besser zu verstehen. Du brauchst vor allem eines: neugierige Aufmerksamkeit.

Nimm dir 10 Minuten Zeit. Ruhig, ungestört. Dann stell dir innerlich folgende Fragen:

  • Welche Symptome habe ich gerade – körperlich oder emotional?
  • Wann treten sie besonders stark auf? Wann schwächen sie sich?
  • Wenn dieses Symptom eine Botschaft hätte – was könnte sie sein?
  • Mit welcher Person, Situation oder innerem Thema könnte das zusammenhängen?
  • Was würde mir guttun – ehrlich, nicht was ich "tun sollte"?

Notiere deine Antworten. Sie müssen nicht logisch sein. Oft reicht das Spüren und das Erkennen.

Übung: Der Körper-Dialog

Eine kurze, kraftvolle Übung für den Alltag:

  1. Lege eine Hand auf die Stelle, die Symptome zeigt (z.B. Kopf, Brust, Bauch)
  2. Atme 3x tief ein und aus, mit der Aufmerksamkeit auf dieser Körperstelle
  3. Frage innerlich: "Was brauchst du jetzt gerade? Was würde dir helfen?"
  4. Höre ohne zu bewerten auf die Antwort – vielleicht kommt sie als Gefühl, Bild oder Wort
  5. Nimm diese Antwort ernst und handle, wenn möglich, danach

Tipp: Diese Übung ist besonders wertvoll bei aufkommender Erschöpfung oder ersten Anzeichen von Brain Fog.

Inspiration & weiterführende Literatur

  • The Body Keeps the Score – Bessel van der Kolk
  • The Body Remembers – Babette Rothschild
  • 8 Keys to Safe Trauma Recovery – Babette Rothschild
  • Healing Trauma – Peter A. Levine
  • Reverse Therapy – John Eaton (Modell: Symptom als Botschaft)

Wichtig zu wissen

Was dieser Ansatz nicht bedeutet:

  • • Dass du an deinen Symptomen "schuld" bist
  • • Dass du ohne medizinische Hilfe auskommen solltest
  • • Dass Symptome "nur psychisch" sind
  • • Dass du deine Krankheit "wegdenken" kannst

Was dieser Ansatz bedeutet:

  • • Dass Körper und Geist untrennbar verbunden sind
  • • Dass dein Körper dein Verbündeter ist, nicht dein Feind
  • • Dass Symptome ein Feedback-System sind
  • • Dass du deine Heilung aktiv mitgestalten kannst

Dein Körper weiß mehr, als du denkst

Er war bei allem dabei – bei Freude und Schmerz. Wenn du seine Botschaften hörst, beginnst du zu heilen. Nicht, indem du alles "wegmachst", sondern indem du endlich wieder zuhörst.